Malpass will nicht der Sündenbock sein

Weltbank
Der Präsident der Weltbank tritt zurück und macht den Weg für Reformen frei, damit Entwicklungsbanken mehr Klimafinanzierung leisten. Das wäre sinnvoll – aber reiche Länder fordern es, weil sie selbst zu wenig Geld auf den Tisch legen.

Bernd Ludermann ist Chefredakteur von „welt-sichten“.
David Malpass, der Präsident der Weltbank-Gruppe, will Mitte des Jahres zurücktreten, rund ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit. Mit dieser Ankündigung hat er Mitte Februar offenbar die Mitarbeitenden wie die staatlichen Anteilseigner der Bank überrascht – auch den größten, die USA.

Als Grund des Rücktritts nennt Malpass vage seine Lust auf neue Aufgaben. Sicher spielt aber eine Rolle, dass der von Donald Trump ins Amt gebrachte US-Republikaner im September 2022 der Frage auswich, ob er den Klimawandel für eine erwiesene Tatsache halte, und so einen Shitstorm auslöste: Ihm wurde vielfach vorgeworfen, er leugne die Erderhitzung oder spiele sie herunter. Malpass kontert genervt und mit einem gewissen Recht, das sei unfair, die Weltbank habe unter seiner Führung ihre Klimafinanzierung verdoppelt.

Der wachsende Druck auf Entwicklungsbanken hat aber tiefer liegende Gründe im Nord-Süd-Streit über Klimafinanzierung: Entwicklungsländer fordern vehement mehr Finanzhilfe für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sowie Entschädigungszahlungen für irreversible klimabedingte Schäden. Auf dem jüngsten Klimagipfel hat der globale Norden ihnen einen Fonds für Schäden und Verluste zugestanden, ohne dass klar ist, wer darin wie viel einzahlt. Auch ältere, unzureichende Hilfszusagen hält der Norden nur teilweise ein. Spätestens seit jüngsten Katastrophen wie der Flut in Pakistan ist klar, dass hier viel mehr Geld nötig ist. Aber kaum ein Land kann und will aus seinem Haushalt erheblich mehr für Klimafinanzierung aufbringen – besonders nicht die USA, seit die Republikaner wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben und den Staatshaushalt blockieren können.

Deshalb werden Rufe lauter, die Weltbank, andere Entwicklungsbanken und der Internationale Währungsfonds (IWF) sollten in die Bresche springen. So hat die Gruppe der 20 großen Volkswirtschaften (G20) 2021 einen Expertenbericht in Auftrag gegeben, wie die Weltbank mehr Kredite vergeben könnte. Laut diesem Bericht kann die Bank auf Grundlage ihres vorhandenen Einlagekapitals mehr auf dem Kapitalmarkt aufnehmen und weiterverleihen, ohne ihre besondere Kreditwürdigkeit zu riskieren.

Mehr Eigenkapital für die Bank ist auch politisch heikel

Die Weltbank hat Ende 2022 einen Reformplan vorgelegt, der das nicht abweist, aber je nachdem, wie stark die Finanzierung erhöht werden soll, zusätzliches Einlagekapital wünscht. Dem werden die USA kaum zustimmen. Denn entweder müssten alle Anteilseigner im Verhältnis ihrer Einlagen aufstocken, die USA also am stärksten, oder die Stimmrechte in der Bank würden sich zugunsten großzügiger verschieben, das heißt wohl: Chinas.

Wesentlich weiter geht eine Initiative der Premierministerin von Barbados, Mia Mottley. Sie verlangt mehr Entwicklungskredite, aber angesichts der Verschuldungskrise in vielen Entwicklungsländern auch Reformen des IWF, damit arme Länder in Krisen ohne harte Auflagen an kurzfristige Hilfe kommen. Der IWF solle zudem mit Sonderziehungsrechten, also von ihm geschöpftem Geld, den Fonds für Klimaschäden und -verluste füllen. Auch das stößt im Norden auf wenig Gegenliebe. Die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze hat zusammen mit Mottley jüngst die Weltbank aufgefordert, mehr aus dem vorhandenen Kapital zu machen. Von Reformen des IWF ist aber keine Rede und es wird nur vage angedeutet, reiche Länder könnten einen Teil ihrer nach der Corona-Krise geschaffenen Sonderziehungsrechte freiwillig der Weltbank zur Verfügung stellen.

Zu Recht warnt Malpass vor Gefahren der Reformen

Viele Ideen, etwa aus dem BMZ, für mehr Weltbank-Kredite insbesondere für globale öffentliche Güter sind an sich sinnvoll. Aber alle Finanztechnik wird wenig helfen, wenn Klimafinanzierung die reichen Länder nicht mehr kosten darf. Damit reichen diese im Grunde den Schwarzen Peter für den Geldmangel an die Entwicklungsbanken weiter. Malpass will für diesen Mangel offenbar nicht länger als Sündenbock dastehen. Als die USA den Druck für schnelle Reformen der Weltbank erhöhten, hat er den Weg freigemacht.

So dürfte ein Umbau der Entwicklungsbanken, nicht aber des IWF, demnächst Fahrt aufnehmen. Der birgt Gefahren, auf die ausgerechnet Malpass kurz nach seiner Rücktrittserklärung hingewiesen hat: Mehr Klimaschutz-Kredite können auf Kosten der Hilfen für die ärmsten Länder und auf Kosten der Finanzierung für Gesundheit und Ernährung gehen. Die wollen die Geber schließlich auch, sagt Malpass und wirft ihnen kaum verhohlen Heuchelei vor: Die Geber senkten ihre eigene Entwicklungshilfe und wollten dann aus internationalen Institutionen wie der Weltbank mehr herauspressen, ohne dass es sie etwas koste. Damit hat der US-Republikaner Recht.

 

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